Was ist mit Mirko
Jetzt guckst du! Ja, zuerst habt ihr euch nur getroffen, zufällig, im Supermarkt. Am Kühlregal, vor den abgepackten Gulaschsuppen. Er hat dich angelächelt. Süß und umwerfend, was hast du gesabbert. Doch es war nur ein Flirt. Kurz und sprachlos. Schade, den sehe ich wohl nie wieder, waren deine Worte. Und ich dachte, was ist mit Mirko.
Ja, wie das Leben so spielt. Zufälle gibt es nicht. Deine Chefin ist eine Hexe. Du schaust fürchterlich aus. Ein stressiger Tag liegt hinter dir. Draußen stürmt der Herbst. Ungemütlich. Da steht er plötzlich neben dir. Bei den Dosenbohnen. Dein Herz hat ausgesetzt und dein Kopf gleich mit. Du hast es gerade noch so geschafft, deine Nummer in sein Handy zu hauchen. Was ist schon dabei, nur ein Abenteuer, sagst du und ich frage mich, was ist mit Mirko.
Du schreibst, ihr habt geknutscht. Wie die Teenager. Kichersmiley. Mehr war aber nicht. Noch nicht. Drei Ausrufezeichen. Bleibt unter uns, ja? Na sicher, antworte ich, sind doch beste Freundinnen. Du schickst Lachsmileys, doch ich lächle nicht zurück. Ich tippe, was ist mit Mirko. Da bist du offline, weit weg auf deiner Wolke.
Ob ich dir zuhöre? Na, klar. Immer. Spaziergänge am Elbufer, händchenhaltend, die Oktobersonne im Gesicht. Kuscheln auf seinem Sofa, später in die Oper – seit wann interessiert du dich für Kultur? Habt großartigen Sex, sogar in dem Bett, das du teilst. Mit Mirko. Der ist doch in Stockholm, auf Dienstreise. Ach so. Na dann. Hauptsache, du bist glücklich.
Samstagabend. Ich bereite in eurer Küche das Abendessen vor und du trinkst Rotwein. Es gibt Rouladen, dazu Klöße und Apfelrotkohl. Es ist Mirkos Lieblingsessen. Ich weiß so etwas, denke ich, während du mir von deiner letzten Nacht zwischen den Laken erzählst und wie du beinahe vergessen hättest, die Bettwäsche zu wechseln. Ich frage dich, was ist mit Mirko.
Du prustest in dein Glas, was soll mit dem sein? Ich sage, er hat das nicht verdient. Du lachst mich aus, woher will ich denn bitteschön wissen, was Mirko verdient hat oder nicht. Mirko ist ein langweiliger Nichtsnutz. Völlig im Jogging-Wahn. Mal abgesehen von seinem Fimmel für Panini-Bildchen. Was ist daran verkehrt? Aber ja genau, ich vergaß, was weiß ich denn schon? Ich bin da, um dir zu zuhören, brav und artig an deiner Seite – wie immer. Für Mirko zerteile ich die Äpfel und schneide sie in kleine Würfel.
Was sagt du da? Ich könnte ihn haben, er sei frei. Er liebt doch nur dich. Ich bin die, die er nicht wollte. Du bist die Eine für ihn, bis dass der Tod euch scheidet. Doch du hast keine Ahnung.
Nun läufst du durch deine Küche, die die meine hätte sein sollen, stellst dein Glas so ab, dass es überschwappt und den Boden rötlich besudelt, den ich reinigen werde. Redest vor dich hin, dass du es nicht länger für dich behalten kannst. Vorbei mit der Heimlichtuerei. Du wirst es ihm erzählen. Heute Abend. Da höre ich sein Auto, es rollt die Kiesauffahrt hinauf. Eines meiner absoluten Lieblingsgeräusche. Das willst du mir nehmen? Das wirst du mir nicht nehmen. Nicht auch noch das. Nicht nach all den Jahren.
Ja, und jetzt guckst du! Liegst zu meinen Füßen, auf deinen glanzvollen Fliesen, dumm und ahnungslos wie zuvor, aber endlich still. So wie auch Mirko, der im Türrahmen steht.
Ich lege das Messer zur Seite und wische mir die Hände an einem Geschirrtuch ab. Oh, und ja, ich würde es wieder tun. Jederzeit. Niemand trennt mich und Mirko. Wirklich niemand.
Von Herzen. Deine beste Freundin.
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